: Fernwärme
Im gemeinsamen Projekt „Elberfeld!“ der Stadt Wuppertal und der WSW sorgt eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes für ein unkalkulierbares Risiko bei der Modernisierung des veralteten Fernwärmenetzes.
Die Stadt Wuppertal plant die Neugestaltung von Straßen und Plätzen in der Innenstadt gemäß dem Grundsatzbeschluss des Rates zur Modernisierung der Innenstadt Elberfeld nach dem integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK). Die Wuppertaler Stadtwerke nutzen die Arbeiten der Stadt, um im Rahmen der Wärmewende die Infrastruktur des Fernwärmenetzes in diesem Bereich umfassend zu modernisieren. In weiten Teilen der Elberfelder Innenstadt werden dazu über 24 Kilometer neue Fernwärmeleitungen verlegt und das Netz von Heißdampf auf energieeffizienteres Heißwasser umgestellt.
Unter Berücksichtigung der Belange
des Denkmalschutzes verschiebt sich
das Ende des Fernwärmeausbaus in Elberfeld
bis mindestens 2034.
Archäologische Funde in der Elberfelder Innenstadt waren auch in der Vergangenheit keine Seltenheit. Dass es Überreste der alten Burgmauer der Burg Elberfeld gibt, ist seit einer größeren Kanalbaumaßnahme bekannt. Ein genaues Planwerk dazu gibt es jedoch nicht, es liegt lediglich eine Skizze vor, aus der die ungefähre Lage hervorgeht. Anhaltspunkte, dass größere Überreste der Burg zu erwarten sind, gab es während der Planungsphase nicht, da die Verlegung des neuen Heißwassernetzes größtenteils in vorhandenen Trassen geplant wurde. In der Vergangenheit wurden Funde im Zuge von Baumaßnahmen an der Versorgungs- und Entwässerungsinfrastruktur dokumentiert. Falls technisch erforderlich, wurden Funde in einem Umfang entfernt, der die weitere Verlegung der Rohr- und Leitungssysteme ermöglichte. Eine archäologische Fachfirma war in der Regel nur dann vor Ort, wenn sich Auffälligkeiten zeigten. Baustillstände aufgrund archäologischer Untersuchungen kamen eher selten vor.
Nach dem im Juni 2022 in Kraft getretene Denkmalschutzgesetz müssen nun auch Überreste von Bebauung aus der Gründerzeit dokumentiert werden. Hierbei handelt es sich um Kellerfundamente aus Back- und Ziegelsteinen. Alle Tiefbauarbeiten werden durch Archäologen untersucht und die Ergebnisse dokumentiert. Dies ist auch bei der Öffnung von Bestandstraßen nötig, da das an die Grabenwände anschließende Erdreich noch „ungestört“ ist. Durch die neue Gesetzeslage ist bei einem Fund in allen Fällen eine Einzelfallentscheidung erforderlich.
Die Aufwertung des Denkmalschutzes hatte von Anfang an Auswirkungen auf die Arbeiten am Fernwärmenetz in der Elberfelder City. Schon seit Baustart des Projekts Mitte 2021 in der Calvinstraße sorgte die Arbeit der Archäologen für Verzögerungen im Zeitplan. In einzelnen Bauabschnitten musste der Austausch der Leitungen so lange ruhen, bis die archäologischen Arbeiten abgeschlossen waren. Das bedeutete in einigen Fällen mehrere Wochen Baustillstand.
In der Kirchstraße verzögerten sich die Arbeiten trotz sechs eingesetzter Archäologen für die Dokumentation einer früheren Friedhofsmauer um sechs Monate. Auf Basis dieser Erfahrungen können die WSW Zeitabläufe für die nächsten Bauphasen nicht mehr verbindlich planen. Ende Juli wurde in der Poststraße und der Schwanenstraße ein weiterer Fund gemacht. Mauerreste der Burg Elberfeld mussten umfassend dokumentiert werden. Am Ende waren durch die archäologischen Arbeiten drei Wochen Baustillstand zu verzeichnen.
Aktuell arbeiten die WSW in der Alten Freiheit zwischen Schlossbleiche und Calvinstraße. In diesem Bereich vermutet die untere Denkmalbehörde vermehrte Funde. Ob die ursprünglich geplante Bauzeit von zwölf Wochen hier ausreicht, ist völlig ungewiss.
Unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes verschiebt sich das Ende des Fernwärmeausbaus in Elberfeld bis mindestens 2034. Die Arbeiten im Bereich Poststraße und Kerstenplatz würden entsprechend im Jahre 2026 abgeschlossen sein. Die Kostensteigerung von voraussichtlich 34 Millionen Euro sind in wesentlichen Teilen durch die archäologischen Arbeiten zu begründen, die in vollem Umfang von den WSW getragen werden müssen.
Text: Sascha Burghoff
Visualisierung: arntz erke architekten