wsw.info: Jubiläum
Kunstkenner
Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum ist weltweit berühmt für seine vielseitige Sammlung an Meisterwerken. Ein Rückblick auf 120 Jahre bürgerschaftliches Engagement und Kunst als Ehrenamt.
Das Von der Heydt-Museum feiert in diesem Jahr seinen 120. Geburtstag. Den heutigen Namen trägt es allerdings erst seit 1961, eröffnet wurde es am 25. Oktober 1902 als Städtisches Museum Elberfeld. Nachdem am Elberfelder Markt ein neues Rathaus errichtet worden war, stellte die damalige Stadtspitze dem Museum das ehemalige Rathaus am Turmhof zur Verfügung. Erster Leiter des Hauses wurde Dr. Friedrich Fries, vormals Dozent des Städtischen Kunstinstituts in Frankfurt.
Von Beginn an ist das heutige Museum vom Wuppertaler Bürgertum geprägt. Bereits 1866 hatten Kunstinteressierte den Barmer Kunstverein ins Leben gerufen. In den 1920er Jahren besaß dieser eine der bedeutendsten und angesehensten Sammlungen moderner Kunst in Deutschland. Der 1892 gegründete Museumsverein in Elberfeld wiederum strebte in Zusammenarbeit mit der Stadt ein repräsentatives Kunstmuseum mit breitem historischem Spektrum an. Im April 1948 schlossen sich die beiden Vereine zum Kunst- und Museumsverein (KMV) Wuppertal zusammen. Der Verein gehört mit derzeit mehr als 2 100 Mitgliedern zu den größten Museums-Fördervereinen Deutschlands. Als Partner unterstützt er nicht nur den Ausbau der Sammlung, sondern die Arbeit des Von der Heydt-Museums insgesamt. So betreibt der KMV zum Beispiel seit 1990 den Museumsshop im Foyer. Mehr als 60 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen dabei. Die Erträge kommen dem Museum und der Kunst direkt zugute.
30.000
Arbeiten auf Papier umfasst die grafische Sammlung
Kunst und Spenden
Wenn das Museum heute über eine der reichsten Sammlungen Deutschlands verfügt, so ist das in erster Linie den Wuppertaler Bürgern und ihrem Kunst- und Gemeinsinn zu verdanken. Sie stifteten und spendeten regelmäßig hochkarätige Werke an das Museum. Besonders hervorzuheben als Stifter und Mäzene sind der Elberfelder Bankier August von der Heydt (1851 – 1929) und sein Sohn Eduard (1882 – 1964), nach denen das Museum heute benannt ist. August von der Heydt und sein Schwager Julius Schmits stifteten zehn Gemälde von Hans von Marées. 1907 wurde durch eine bedeutende Zuwendung von Eduard Springmann das Kupferstichkabinett erweitert um Plastiken, eine Münzsammlung, Kunsthandwerk, Heimatabteilung, eine Bibliothek und eine Fotosammlung.
Museumsleiter Fries erwarb mit Unterstützung von Stiftern und Förderern zahlreiche Werke niederländischer Malerei des 15. und 17. Jahrhunderts, Beispiele der französischen Malerei und Landschaften von Henri Rousseau, Charles-François Daubigny, Gustave Courbet, Paul Cézanne sowie Claude Monet. Friedrich Fries lag es besonders am Herzen, die Entwicklung der deutschen Malerei im 19. Jahrhundert aufzuzeigen.
2.200
hochkarätige Gemälde, 500 Skulpturen und 700 Fotografien gehören zum Bestand.
Im Jahr 1911 erwarb der Elberfelder Museumsverein durch Vermittlung von August von der Heydt in Paris Pablo Picassos Gemälde „Akrobat und junger Harlekin“ (1905), das dem Museum geschenkt wurde. Es war das erste Werk von Picasso in einem Museum. 1937 wurde es im Rahmen der nationalsozialistischen Aktion zusammen mit vielen weiteren Werken als „entartete Kunst“ beschlagnahmt. Ein verheerender Aderlass für das Museum.
Fünf Jahrhunderte
Seit den Anfängen ist vieles passiert, aber das bürgerschaftliche Engagement, auf dem die Sammlung fußt, gibt es in Wuppertal nach wie vor. Das hat dazu beigetragen, dass das Von der Heydt-Museum heute weltbekannte Werke der niederländischen Malerei und des 19. Jahrhunderts sein Eigen nennen kann. Damit gehört das Wuppertaler Museum zu den international renommiertesten Kunstinstituten Deutschlands. Werke aus der Sammlung werden regelmäßig von Museen aus aller Welt als Leihgaben angefragt.
60
ehrenamtliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter kümmern sich um den Museums-Shop.
Besonders prägnante Schwerpunkte sind die 1920er Jahre, der Impressionismus und der Expressionismus. Die gesamte Sammlung umfasst Kunst vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Rund 2 200 hochkarätige Gemälde, 500 Skulpturen und 700 Fotografien gehören zum Bestand, der in wechselnden Ausstellungen präsentiert wird. Was viele nicht wissen: Allein die grafische Sammlung des Museums umfasst rund 30 000 Arbeiten auf Papier. Zu den herausragenden Werken gehören Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle unter anderem von Edgar Degas, Paul Cézanne, Claude Monet und Georges Seurat.
Ausstellungs-Schwerpunkte waren über die letzten Jahre die französische Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie die internationale Malerei der klassischen Moderne. Besondere Akzente setzten zum Beispiel die Ausstellungen „Aus der Zeit gerissen: Joseph Beuys: Aktionen 1965 bis 1986 – fotografiert von Ute Klophaus“ und „Brücke und Blauer Reiter“ sowie die mit einer Schau des Fotografen Hans-Christian Schink neu gestartete Ausstellungsreihe „Freundschaftsanfragen“. Mit „ZERO, Pop und Minimal“ beleuchtet das Von der Heydt-Museum zurzeit die Kunst der 1960er und 1970er Jahre. „Fremde sind wir uns selbst“ nennt sich eine Ausstellung mit „Selbstbildnissen von Paula Modersohn-Becker und Zanele Muholi“, die komplett aus der Sammlung des Von der Heydt-Museum bestritten wird. Mit der Ausstellung „Eine neue Kunst. Fotografie und Impressionismus“ werden in diesem Winter die beliebten Impressionisten zu sehen sein.
Text: Marion Meyer
Fotos: Archiv Von der Heydt-Museum