wsw.info: 100 Jahre Fernwärme

Wege der Wärme

1921 entstand in Barmen ein erstes Fern­wärmesystem. In den Nachkriegsjahren hatte Wuppertal dann das zweitgrößte in Deutschland. Heute wird das klima­schonende Talwärmenetz weiter ausgebaut.

Sauber, wartungsarm und ungefährlich – diese Vorteile von Fernwärme begleiten das System seit seinen Anfängen vor 100 Jahren. 1921 wurde in Barmen die Badeanstalt Kleine Flurstraße an die städtische Müllverbrennungsanlage Am Klingelholl angeschlossen und bezog von dort ihr Warmwasser. Auch das Rathaus, die Concordia und das Gymnasium Bleicherstraße wurden auf diese Weise geheizt. Damals stand der Sicherheitsaspekt im Vordergrund: Eigene Heiz­kessel in jedem Gebäude mussten umfangreich gewartet werden und stellten wegen der häufigen Explosionen eine Gefahr dar.

bis 2030

sollen weitere 33 Kilometer Fernwärmeleitung gebaut werden.

Die seit 1908 bestehende Müllverbrennungsanlage war damals gerade vergrößert worden und konnte so den umliegenden Gebäuden Fernwärme anbieten. Dadurch wurde gleichzeitig die Schlacke gekühlt und der Abdampf der Turbinen zur Strom­erzeugung genutzt. 1925 waren bereits 62 Abnehmer angeschlossen. Den Plänen zum Ausbau des Fernwärmenetzes standen die Wuppertaler Kohle­händler allerdings ablehnend gegenüber. Sie fürchteten um ihren Absatz.

Ein weiteres Problem waren die un­regelmäßigen Müllmengen. Da Asche aus den weit verbreiteten Kohleöfen den größten Teil der Abfallmenge ausmachte, fiel im Winter doppelt so viel Müll an wie im Sommer. Deshalb musste dieser bei der Verbrennung im Sommer regelmäßig mit Braunkohle angereichert werden. Die entstehende Schlacke wurde zur Herstellung von Beton und Körnersteinen weiter­ver­wendet.

Hilfe aus Hamburg

Ab 1925 wurde auch das Kraftwerk Am Clef zum Heizkraftwerk umgerüstet und eine erste Fernheizleitung entlang der Wupper von der Werther Brücke bis zur Loher Brücke gebaut. Abzweigungen führten in die Barmer Innenstadt sowie in angrenzende Bezirke. Beheizt wurden mit dem Dampf vor allem große Gebäude: Fabriken, Kaufhäuser, Schulen und Verwaltungsgebäude. Die Verlegung der dampfdichten Rohre, die sich ausdehnen und zusammenziehen müssen, stellte in dieser Zeit eine technische Herausforderung dar. Deshalb wurde eine Hamburger Firma damit beauftragt.

1927 waren 200 Gebäude ans Barmer Fernwärmenetz angeschlossen und auch Elberfeld begann mit dem Netzaufbau. Vom Kraftwerk Kabelstraße aus ließ die Bergische Elektrizitätsver­sorgung GmbH Rohre bis zum Brausenwerth verlegen. Industriebetriebe nutz­ten den Dampf teilweise direkt für die Produktion. 

213

Kilometer lang ist das Wuppertaler Fernwärmenetz. Es reicht inzwischen von Oberbarmen bis Elberfeld West­ende sowie auf den Südhöhen von Korzert bis nach Ronsdorf.

Wiederaufbau

Bei den Bombenangriffen auf Barmen und Elberfeld 1943 wurden sowohl die Heizkraftwerke als auch die Fern­wärmeleitungen stark beschädigt. Doch die Wuppertaler bauten diese schnell – erst notdürftig, dann endgültig – wieder auf. 1954 wurden die beiden Netze verbunden. In den Nachkriegsjahren hatte Wuppertal nach Hamburg das zweitgrößte Fernwärmenetz in Deutschland. Seit 1971 gehören Heizkraftwerke und Fernwärme zu den WSW. In den Folgejahren wurde das Netz in Richtung Oberbarmen und Universität ausgebaut.  

Die 1976 errichtete Müllverbrennungsanlage auf Korzert erzeugt seit 1995 neben Strom auch Heißwasser für die Fernwärmekunden auf den Südhöhen und seit 2018 über eine neu gebaute Trasse Fernheizdampf für das Netz im Tal – und das aufgrund der hohen Effizienz und guten Filter­technik besonders umweltschonend. In den nächsten Monaten erweitern die WSW das Fernwärmenetz. In der Elberfelder Innenstadt können dadurch 370 Gebäude neu angeschlossen werden.

Heute steht dabei neben dem geringen Wartungsaufwand die CO2-Einsparung im Fokus. Da der Müll sowieso verbrannt werden muss, ist eine Fernwärme­heizung klimaneutral und erfüllt das Gebäudeenergiegesetz. Nach und nach wird auch das Dampfnetz auf Heißwasser umgestellt, weil dabei weniger Wärme verloren geht und statt großer Dampfumformungs­stationen nur noch einfache Wärmetauscher nötig sind.

Text: Tanja Heil
Fotos: WSW-Archiv