wsw.info: Fliegenfischen
Mit der Angelrute in der Hand und den Füßen im Wasser – auf diese Art verbringt Stefan Brands am liebsten seine freie Zeit. Sein Hobby: Fliegenfischen.
Rückschwung, Vorschwung – und direkt nochmal. Viel Geduld, ein geschultes Auge und natürlich ein gutes Gespür sind gefragt, wenn man sich mit Angelrute, Wathose und einer Handvoll Ködern bewaffnet in die Wupper stellt, um Forellen zu erbeuten. Für Beobachter am Ufer ist Fliegenfischen ein nahezu majestätisches Ereignis. Eines, das eine gewisse Ruhe ausstrahlt in diesen manchmal ruhelosen Zeiten.
Die kunstvolle Flugkurve der Angelschnur, die sich anschließend sanft auf die Wasseroberfläche legt und das behutsame Vortasten im Gewässer – auch für Stefan Brands ist Fliegenfischen ein bewegendes Erlebnis. Eine kleine Flucht aus dem Alltag, die sich der 50-jährige Wuppertaler, der ursprünglich aus dem Münsterland kommt, in der Forellensaison gerne einmal in der Woche gönnt. Jeweils zwei bis drei Stunden plant er für seine Angelausflüge ein. Beinahe jedes Mal hat er Erfolg. „Irgendetwas beißt immer an“, so Brands. Sogenannte Schneidertage, an denen man nichts fängt, seien an der Wupper sehr selten. Dass es nicht immer die ausgewachsene Bachforelle ist, stört den passionierten Angler nicht.
„Eine der Besonderheiten beim Fliegenfischen ist, dass man die Schnur direkt mit dem Finger fühlt“, erklärt Brands seine Obsession für diese spezielle Form des Angelns. Stefan Brands ist erster Vorsitzender der Angelsport Gemeinschaft Steinbeißer 1984. Der gemeinnützige Anglerverein gehört dem Deutschen Angelfischerverband an und betreut die beiden Abschnitte vom Schwebebahnhof „Oberbarmen“ bis zum Bahnhof „Alter Markt“ und von der Brücke „Steinweg“ bis zur Brücke „Pestalozzistraße.“ An den Angelplätzen entlang dieser Strecken kann man sich voll und ganz dem sogenannten Urban Fishing widmen – abseits des Trubels der Stadt. Dafür muss man sich meist nur einige Höhenmeter von der Straße entfernen.
Rollwurf
Diese Variante wird dann eingesetzt, wenn wenig Platz (Rückraum) vorhanden ist. Rute und Schnur bilden dabei ein „D“ hinter dem Angler. Durch die Adhäsion der restlichen Schnur auf der Wasseroberfläche, gelingt es, die nötige Energie für den Wurf zu gewinnen.
Was Außenstehende nicht wissen: „Die Wupper ist vom Charakter her ein Mittelgebirgsfluss, in dem sich Riffelrauschen, schnellere Engstellen und ruhigere Poole abwechseln. Außer Äschen, die durch den Kormoran leider dezimiert wurden, leben hier Bachforellen, Meerforellen, Lachse, Aale, Barsche sowie Barben, Döbel, Nasen und andere Cypriniden.“ Damit ist die Wupper ein echtes Eldorado für Freunde des Angelsports. Das Angeln von Lachsen, Meerforellen und Äschen sei allerdings über das ganze Jahr verboten, so Brands. Insgesamt gibt es in NRW aktuell 18 Fischarten, die nicht geangelt werden dürfen. Die Bachforelle, Brands Zielfisch beim Fliegenfischen, hat von Oktober bis März Schonzeit.
Ob und wann ein Fisch, der aus dem Wasser gezogen wird, verwertet werden darf, darüber entscheidet auch das sogenannte Mindestmaß. Bedeutet, wenn ein Fisch nicht die festgelegte Größe hat, muss er wieder freigelassen werden. Bei der Bachforelle sind es, zumindest in der Wupper, 30 Zentimeter. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Fischarten sich mindestens einmal in ihrem Leben fortpflanzen können und die Art auch auf lange Sicht erhalten bleibt.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorgaben, die im Landesfischereigesetz oder der Landesfischereiverordnung nachzulesen sind. Vor dem Griff zur Angelrute ist es deutschlandweit beispielsweise vorgeschrieben, einen Angelschein zu machen. Wie bei einem Führerschein muss im Rahmen einer Prüfung nachgewiesen werden, dass man das nötige Knowhow hat und die entsprechenden Regeln kennt. Darüber hinaus benötigt man für jedes Gewässer einen Erlaubnisschein (Angelkarte/Gewässerkarte). Wer sich als Schwarzangler, also ohne die benötigten Papiere, erwischen lässt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Je nach Bundesland riskiert man sogar eine Haftstrafe.
Ich habe schon zahlreiche Handtaschen, Dosen und sogar alte Computer hier im Fluss gefunden.“ Stefan Brands
Auf die Frage, wie sich die Überschwemmung im Juli auf den Fischbestand ausgewirkt hat, antwortet Brands: „Die Struktur des Flusses hat sich verändert. Der Gewässerboden ist stark in Bewegung geraten und der Uferbewuchs hat gelitten.“ Trotzdem konnte der Fliegenfischer nach dem Hochwasser schon wieder einige Klein- und Brutfische beobachten und hat Salmoniden (lachs- und forellenartige Fische) gefangen. Da die Belastung der Wupper mit gesundheitsschädlichen Stoffen, die durch das Ereignis ins Gewässer eingetragen wurden, noch abgeklärt werden muss, wird aktuell (Anfang August) vom Verzehr gefangener Fische abgeraten. Stefan Brands geht aufgrund der starken Strömung aber nicht davon aus, dass für die Wupper langfristige Folgen zu befürchten sind.
Seinen ersten großen Fisch hatte Stefan Brands unter der Brücke der Schwebebahnstation Loher Brücke unweit der Junior Uni am Haken. Daran erinnert er sich noch ganz genau. Vor allem an die Aufregung vor dem Biss und das Adrenalin, das einem durch den Körper schießt.
„Beim Fliegenfischen bildet man ja – im Gegensatz zum normalen Angeln – die Insektenwelt ab“, sagt Brands. Das bedeutet, dass die Köder zum Beispiel die Form von sogenannten Nymphen imitieren, die dem Larvenstadium von Wasserinsekten entsprechen. Diese müssen dem Fisch dann noch entsprechend präsentiert werden. Das geschieht durch die Bewegung der Schnur auf der Wasseroberfläche, was in Fliegenfischerkreisen als Menden bezeichnet wird. „Das Ziel ist es, dass die Nymphe natürlich mit der Strömung abtreibt“, so Brands. Als langjähriger Fliegenfischer bindet er seine Köder natürlich selbst. Das sei eigentlich schon ein eigenes Hobby, mehr noch eine Kunst für sich, wie er erzählt.
Auch wenn dieses Fleckchen Wupper mitten in der Stadt eine grüne Oase ist, ein Problem lässt sich nicht übersehen, zumal wenn man mitten im Fluss unterwegs ist. Es geht um Müll. „Ich habe schon zahlreiche Handtaschen, Dosen und sogar alte Computer hier im Fluss gefunden“, sagt der Angler. „Besonders gefährlich sind Zigarettenkippen. Wenn die Fische sie fressen, können sie elendig daran verenden.“
Menden
Beim Menden (vom englischen „to mend“) wird die Angelschnur bogenförmig gegen die Strömung auf dem Wasser platziert. Die Bewegungen des Köders sollen jene der Nymphen nachahmen.
In den letzten Jahren gebe es immer mehr Anfragen bei den Wuppertaler Vereinen. Mittlerweile gibt es sogar einen Aufnahmestopp. Die Anzahl der Angler für die verschiedenen Abschnitte der Wupper sind begrenzt, um ein Überfischen zu vermeiden. Interessenten können sich aktuell nur noch auf eine Warteliste setzen lassen. Auch die beiden Söhne von Stefan Brands, 11 und 13 Jahre alt, sind bereits Mitglieder im Angelverein. So wirklich gepackt habe sie der Sport allerdings noch nicht, gibt Brands zu. Geduld, Erfahrung und ein geschultes Auge bekommt man nun mal nicht geschenkt.
Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleyman Kayaalp