wsw.info: Marvin Ströter
Marvin Ströter produziert Musikvideos für Chartstürmer wie Nico Santos, Pietro Lombardi oder Clueso. Als bekennender Wuppertal-Fan lockt er die Künstler gerne auch mal zum Dreh in seine Heimatstadt.
Was passiert schon in drei Minuten? Etwa so lange dauern die Filme von Marvin Ströter im Schnitt. Wer beim Filmemachen nur an große Hollywoodproduktionen denkt, der vergisst, dass die meisten der heute „konsumierten“ Filme eher kleine Snacks als opulente Mahlzeiten sind. Was sie nicht weniger wertvoll macht. Ströter ist trotz seines jungen Alters von 26 Jahren noch mit MTV und Viva aufgewachsen. Dort wurden die Clips Ende der 1990er Jahre schnell zu unverzichtbaren Begleitern des Musikbusiness. Den Sprung in die digitale Zeit haben sie problemlos geschafft. Dank YouTube und Co. müssen die Zuschauer auch nicht mehr vor dem Fernseher sitzen und darauf warten, dass endlich der neue Clip der Lieblingsband gespielt wird. Sie klicken einfach auf Play.
„Ich habe schon ein paar
Monate nicht mehr in
meinem Bett geschlafen."
Marvin Ströter
Im Büro der WEVAME Medienproduktion im Briller Viertel wird man von einem riesigen Bild eines Sportwagens begrüßt. An den Wänden hängen mehrere Gold- und Platin-Schallplatten. In der Büroküche stehen palettenweise Energydrinks. „Ich mag überhaupt keinen Kaffee, das ist meine Alternative“, sagt Marvin Ströter, der die belebende Brause auch mal zur Verlängerung des Arbeitstages nutzt. Filme macht er aus purer Begeisterung. Er ist Regisseur, Kameramann, Produzent und kreatives Mastermind in einer Person. Er ist über den gesamten Prozess involviert – vom ersten Brainstorming über den Dreh bis zum fertigen Videoschnitt. Und wenn das Video dann endlich online ist, scrollt er oft sogar noch durch die Kommentare. „Manchmal sind tatsächlich interessante Anmerkungen dabei.“
Das Filmhandwerk hat der gebürtige Oberbarmer auf eigene Faust erlernt. Mit 16 Jahren hat er sich die alte Kamera seines Vaters geschnappt und ist seinem Traum gefolgt. Zusammen mit einem Freund sind die ersten Videos entstanden. Frei nach dem Motto: einfach machen. Das Know-how dafür holte sich Ströter über diverse How-to-Videos im Internet. Er probierte viel aus, improvisierte, probierte noch mehr, wurde mit der Zeit immer besser und sicherer. Irgendwann zog er durch Wuppertal und interviewte die Menschen. „Das war schon witzig, aber auch etwas unangenehm“, sagt Ströter rückblickend. Hinter der Kamera fühle er sich deutlich wohler als davor.
Das Geheimnis seines Erfolgs? Gibt es einen bestimmten Ströter-Stil? Die Antwort des 26-Jährigen ist ein klares Jein. Zwar gebe es viele Anfragen, die gerade darauf abzielen, aber ihm persönlich sei es wichtig, immer neue Dinge auszuprobieren, sich weiterzuentwickeln. Dabei können auch kleine Fehler helfen. „Wenn alles immer glatt durchläuft, ist das Ergebnis zwar genauso, wie man es geplant hat, aber die besten Sachen entstehen, wenn man gezwungen ist umzudenken.“ Und noch eine Sache liegt Marvin Ströter am Herzen: Die Welt, die in Musikvideos gezeigt wird, entspricht nicht der Realität – das will er vor allem den jungen Menschen mitgeben. „Ich versuche immer, das irgendwie mit einzubauen.“
Mit seiner Medienproduktionsfirma WEVAME bearbeiten Ströter und sein kleines Team immer mehrere Projekte gleichzeitig. Aktuell produziert er Filme für den in Frankreich sehr populären Musiker Gims, für den deutschen Sänger Wincent Weiss, die YouTuberin Faye Montana und Michael Patrick Kelly. „Für ein Musikvideo braucht man netto vielleicht vier bis fünf Tage, davon zwei oder drei Drehtage.“
Ein aufregendes, aber auch aufreibendes Business. Vor allem, wenn man, wie Marvin Ströter selbst sagt, nicht Nein sagen kann. „Ich habe schon ein paar Monate nicht mehr in meinem Bett geschlafen. Meistens verbringe ich die Zeit im Büro und übernachte auch da.“ Schlimm findet er das nicht, schließlich habe er sich ganz bewusst dafür entschieden, sein Hobby zum Beruf zu machen. Dazu kommt die Anspannung. Besonders an den Drehtagen darf möglichst nichts schief gehen, denn die sind sehr aufwendig und teuer.
Wie geht es für den Wuppertaler Tausendsassa weiter? Kino- oder Streamingfilme? Unwahrscheinlich, denn Ströter fühlt sich wohl im Musikvideo-Geschäft. „Ich liebe es, mit Musikern zu arbeiten. Das sind meistens sehr kreative Menschen und das macht mir einfach Spaß.“
Die Referenzen von Marvin Ströter lesen sich wie ein Querschnitt der deutschsprachigen Charts: Yvonne Catterfeld, Pietro Lombardi, Clueso, David Garrett, Wincent Weiss, Nico Santos, SDP und so weiter. Gerne lockt er auch Künstler zum Dreh nach Wuppertal. Erst 2020 hat er mit dem simbabwisch-britischen Künstler Kelvin Jones ein Video zu dem Song Friends komplett in der Heimat aufgenommen. Denn auch wenn Ströter berufsbedingt viel unterwegs ist, kommt ein Umzug für ihn wohl vorerst nicht infrage: „Ich bin gerne zu Hause. Wuppertal ist toll.“ Folgerichtig ist auch auf der hauseigenen WEVAME-Website zu lesen: Von Wuppertal aus in die ganze Welt.
Text: Marc Freudenhammer
Foto (Marvin Ströter): Afi