wsw.info: Troxler-Werkstätten
Einzelstücke
In den Troxler-Werkstätten entstehen in sensibler Handarbeit facettenreiche, teils außergewöhnliche Produkte – jedes davon ein Unikat. Sie sind besonders zu Weihnachten beliebte Geschenke.
Es geht geschäftig zu in der Lederwerkstatt der Troxler. Eine Singer-Overlock-Maschine rattert, Scheren klappern, Fäden ratschen. Doch es ist keine Fließband-Geräuschkulisse. Die Atmosphäre ist entspannt, einige Angestellte unterhalten sich, andere sind in ihre Aufgabe vertieft. Vor Mitarbeiterin Irmgard liegt ein Häuflein grüner Schwebebahnen. Sie fädelt Garn auf, um die entstehenden Schlüsselanhänger damit zu umranden. Am Nachbartisch bringt eine Kollegin ausgestanzte Kreise unterschiedlicher Größe zu Ketten zusammen. „Das sind Verarbeitungsreste, die wir kreativ verwerten“, erklärt Werkstattleiterin Christa Orth. Ihre 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen keine Massenware her, sondern Unikate: Hand- und Einkaufstaschen, Armbänder, Fingerringe, Gürtel, Portemonnaies, Brillenetuis – alles beliebte Geschenke, gerade zu Weihnachten. Jeder trägt seinen Teil zum Entstehungsprozess bei. Die einen bringen die gewünschten Formen aus dem gegerbten Leder, andere nähen zusammen, bringen Metallverschlüsse an, die wiederum andere polieren, bis sie schön glänzen.
Vorweihnachtszeit
Die Lederwerkstatt ist einer der insgesamt 13 Troxler-Arbeitsbereiche für die rund 500 Menschen mit geistiger Behinderung. Weitere sind die Filz- und die Holzwerkstatt, der Choroi-Instrumentenbau, die Papierwerkstatt, das Kunstatelier, die Bäckerei und die Kaffeerösterei. „Jeder hat dort gemäß seinen Fähigkeiten seine Aufgabe, von einfach bis kompliziert“, schildert Figan Sarikaya, bei der Troxler-Haus Sozialtherapeutische Werkstätten gGmbH für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die marktfähigen und nachgefragten Produkte seien alle für den Verkauf bestimmt, teils direkt, teils über Einzelhandel und Gastronomie. Ein großer Marktplatz der Troxler, der alljährliche Weihnachtsbasar mit tausenden Besuchern, fällt dieses Jahr coronabedingt aus. Dafür gibt es im Netzwerkverbund mit rund 50 Einrichtungen mehrere kleinere Events, wie Sarikaya berichtet, etwa in der codeks-Arena oder Utopiastadt.
1994
wurde das Atelier eröffnet.
In der Troxler-Bäckerei indes duftet es ab Ende Oktober nach Christstollen, die für die Weihnachtszeit gebacken werden. Über das restliche Jahr hinweg stellen die Mitarbeiter Brot und Brötchen, Kuchen und Cookies her. Alle Waren haben Bio-, die meisten sogar Demeter-Qualität. Zusätzlich entstehen in sorgfältiger Handarbeit Kekse in Form der Schwebebahn. Sie gehören zur „Wuppertal Edition 2020“ – ein Gemeinschaftsprojekt mit der Gepa, das an einige Größen der Stadt erinnert. Die Bio-Verpackungen von Filterkaffee und Espresso, in der Papierwerkstatt gefaltet und geklebt und in der Rösterei verarbeitet, zieren daher aktuell Konterfeis von Mina Knallenfalls, dem Zuckerfritz, Husch Husch, dem Kaiserwagen sowie einer jungen und einer älteren Version von Friedrich Engels. „Die Motive haben unsere Künstler im Atelier gezeichnet“, sagt Sarikaya. Dort entstünden laufend echte Werke, die Kunstinteressierte regelmäßig erwerben würden. „Jeder unserer Künstler entfaltet sich in seinem Stil nach eigenen Ideen.“
100 Prozent
biologisch und vegan sind die Cookies aus der Bäckerei.
Offene Tür
Die Schwebebahn-Kekse kann man übrigens direkt neben dem Atelier in der 2016 eröffneten Kaffeerösterei mit Upcycling-Ambiente genießen. Dort gibt es auch die beliebten Bohnen, unverpackt und im individuell gewünschten Mahlgrad. An den Decken hängen Kaffeesäcke, von den in der Holzwerkstatt geschreinerten Tischen kann man in die Produktion blicken. Nach dem Prinzip „offene Tür“ stehen, außer in Pandemiezeiten, sämtliche Troxler-Werkstätten für Interessenten offen, die hinter die Kulissen schauen oder etwas Handgefertigtes kaufen möchten. Vielleicht einen der bunten Schlüsselanhänger mit Reißverschluss, die dafür gemacht sind, einen Einkaufswagen-Chip darin zu verstauen – eine Idee einer Mitarbeiterin aus der Lederwerkstatt. Gerade hat sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen wieder eines der Täschchen fertiggestellt. „Da kann man den Chip viel besser rausholen“, sagt sie und blickt stolz auf das, was sie mit ihren eigenen Händen geschaffen hat.
Text: Tonia Sorrentino