wsw.info: Musikerin Maria Basel
Herz und Seele
Ihre Songs haben das gewisse Etwas, ihre Stimme entführt Zuhörer in andere Welten. Ende August hat die Musikerin Maria Basel ihre erste eigene Single und ein Musikvideo veröffentlicht.
Es ist der erste sonnige Tag nach Wochen schlechten Wetters. Von dem mit einfachen Holzpaletten bestückten Balkon aus blickt man auf die frisch sanierte Elberfelder Stadtbibliothek, davor geschäftiges Treiben. Der blaue Himmel ist nur mit ein paar freundlichen Quellwolken dekoriert. Wie eine sanfte Brise durchdringt Gesang den frühen Nachmittag im Wuppertaler Luisenviertel. Es ist die seidenweich träumerische Stimme von Maria Basel. Die Musikerin singt seit sie 15 Jahre alt ist. Es ist eine weiche, eine volle und doch zarte Stimme. Eine ehrliche Stimme, die sich auf ganz natürliche Weise entwickelt hat. Gesangsunterricht hatte Basel nämlich nie, dafür aber seit dem fünften Lebensjahr klassischen Klavierunterricht der „harten osteuropäischen Schule“, wie die Musikerin mit Wurzeln in der Ukraine etwas scherzhaft erzählt.
Der Gesang diente anfangs in erster Linie dazu, sich selbst beim Klavierspiel zu begleiten. Ihre Mutter, selbst Konzertpianistin, hatte großen Wert auf die regelmäßigen Übungsstunden an den schwarz-weißen Tasten gelegt. Das habe sich letztlich gelohnt, sagt die 29-Jährige rückblickend: „Ich bin heute sehr froh, dass meine Mutter so darauf gepocht hat. Das ist eine gute Basis, auf der man aufbauen kann.“
„Ein Konzert ohne Publikum ist schon irgendwie absurd, da fehlt jegliche Interaktion.“
Der eigene Weg
Inzwischen tauscht sie das Klavier gerne gegen ein Keyboard und ergänzt das virtuose Fingerspiel mal mit treibenden, mal mit träumerischen elektronischen Sounds. Ihre musikalische Bandbreite reicht dabei von Singer-Songwriter, über Ambient, Elektro und Jazz bis zu Popmusik. Ihre Solo-Stücke komponiert und produziert sie von Anfang bis Ende in Eigenregie. Und sie ist offen für Neues. Dank dieser Neugier schafft sie sich immer wieder neue Perspektiven, das macht das künstlerische Schaffen von Maria Basel aus. Das macht ihre Musik so einzigartig.
Ihre Kindheit verbrachte sie in Uzgorod, der Hauptstadt von Transkarpatien, im Dreiländereck zwischen Ungarn, der Ukraine und der Slowakei. Mit sechs Jahren zog sie zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland. Seit 2010 ist Maria Basel in Wuppertal. Gekommen ist sie, um Wirtschaftswissenschaften und Französisch an der Bergischen Uni zu studieren, geblieben ist sie aus Liebe zur Stadt, zur Kulturszene und zu ihrem Freund.
Unter dem Künstlernamen RIA legt Basel regelmäßig House und Elektro auf, sie spielt zusammen mit dem Gitarristen Christof Söhngen als Basel & Söhngen Jazz-Duo Konzerte. Außerdem kümmert sie sich um das Veranstaltungsmanagement, die Künstlerbetreuung, die Gastronomie und das Personalmanagement im Kunst- und Kulturzentrum LOCH. Sie hat mehrere Projekte mit anderen Künstlern wie Jonas David, Golow oder Janneth Wegener gemacht. 2016 hat sie gemeinsam mit dem Pina-Bausch-Ensemble an der musikalischen Konzeption des Projekts „Underground IV“ gearbeitet. Im Rahmen des Corona-Streamingprogramms LOCHFUNK hat Basel auch Konzerte gespielt. Eine Erfahrung, die ihr vor allem eines klar gemacht hat: „Ein Konzert ohne Publikum ist schon irgendwie absurd, da fehlt jegliche Interaktion.“ Deshalb freue sie sich schon auf die kommenden Live-Shows, beispielsweise in Dorsten, wo sie Mitte Juli im Amphitheater Oude Marie auftrat. Ihr letzter Auftritt vor der Coronakrise war bei der Preisverleihung vom Landesmusikrat NRW, das Video dazu gibt es auf YouTube zu sehen.
Melodie im Kopf
Maria Basel singt am liebsten auf Englisch, obwohl sie insgesamt vier Sprachen spricht: Englisch, Deutsch, Russisch und Französisch. Das Englische ist trotzdem ihre erste Wahl beim Liederschreiben, auch wenn deutsche Pop-Songs gerade die Playlists im Radio füllen und möglichweise „lukrativer“ wären: „Ich liebe das Metaphorische, das Spiel mit Mehrdeutigkeiten. Deutsch ist eher geradeheraus.“ Beim Komponieren ihrer Songs geht sie immer von der Melodie aus. Manchmal, so sagt sie, entsteht in ihrem Kopf ein fertiges Stück, das es dann irgendwie festzuhalten gilt. „Auf einmal ist es da und man möchte es am liebsten direkt aus dem Kopf heraus aufnehmen. Das kann auch mal nervig sein, zum Beispiel, wenn man sich gerade ins Bett gelegt hat“, erklärt sie.
Doch die Anstrengung lohne sich. Einen eigenen Song auf der Bühne singen und spielen, das sei eine sehr intensive Erfahrung, die nicht mit ihren anderen Aktivitäten vergleichbar sei: „Da ist einfach viel mehr Herzblut und Passion drin, als wenn man Stücke nur interpretiert, die man nicht selbst geschrieben hat“, so die Musikerin. Mit „Lioness“ (dt. Löwin) hat Maria Basel Ende August ihre erste offizielle Single veröffentlicht. Tatkräftige Unterstützung bekam sie vom Berliner Label Listen Records. „Der Song handelt vom gemeinsamen Weg zweier starker Frauen, die in ihrem Leben viele Herausforderungen meistern mussten, die viel erlebt haben und die letztlich gestärkt daraus hervorgehen“, sagt Maria Basel. „Ein richtiger Frauenpower-Song.“
„Es ist kein klassisches Musikvideo, sondern eher ein kleiner Film mit einer Geschichte, die in sehr intensiven Bildern erzählt wird.“
Starke Bilder
Das Geld für die Produktion des zugehörigen Musikvideos hat Basel über die Crowdfunding-Plattform Startnext gesammelt. Eine Besonderheit: Im Video selbst sind ausschließlich Frauen zu sehen. „Es ist kein klassisches Musikvideo, sondern eher ein kleiner Film mit einer Geschichte, die in sehr intensiven Bildern erzählt wird.“ So gibt es unter anderem eine Unterwasserszene, einen Bungeesprung, mehrere Szenen unter freiem Himmel sowie Nacht- und Studioaufnahmen. Insgesamt ist das Video eine waschechte Wuppertal-Kooperation. So spielt die Wuppertaler Tänzerin Ruth Amarante eine der Hauptrollen, die Modedesignerin Andrea Halstenbach hat einige Stücke aus ihrer Kollektion zur Verfügung gestellt, das Drehbuch stammt aus der Feder von Norman Tebel, Arne Schramm und Basel selbst. Pauline Pfingsten und Maurice Egen waren für die Produktionsleitung verantwortlich. „Ich habe das große Glück, auf ein professionelles Netzwerk aus dem Bereich Film zählen zu können. Dafür bin ich wirklich dankbar“, sagt die Künstlerin. In naher Zukunft sollen weitere Singles folgen und irgendwann natürlich ein Album.
Wuppertal, insbesondere Elberfeld, sei ein wunderbarer Nährboden für Kunst und Kultur, nicht so überfüllt wie viele andere Städte. Als sie vor rund zehn Jahren hier ein neues Zuhause fand, hat sie die Vielfalt der freien Kulturszene fasziniert – heute ist sie selbst eine Bereicherung für eben jene Szene.
Text: Marc Freudenhammer