Freizeit: Buchbinder-Handwerk
Roger Green ist Wahlwuppertaler, studierte zunächst Psychologie und arbeitet seit nun über 30 Jahren als Buchbinder mit künstlerischem Anspruch. Seine Arbeit ist traditionelle Handwerkskunst in Reinform – und aktuell sehr beliebt.
„Buchbinden ist kein aussterbendes Handwerk“, versichert Roger Green mit seinem auffallend englischen Akzent. Im Gegenteil: Das Interesse an handgebundenen Büchern habe in letzter Zeit eher zugenommen. Er sieht darin eine Art Gegenbewegung zum digitalen Trend. Die neue Technik ergänze außerdem sein Handwerk mehr als es ihm schade, so Green. Zum Beispiel sei es heute kein Problem mehr, nur ein, zwei oder drei Bücher zu produzieren, anstatt direkt 50 oder 100 Exemplare. Natürlich liest auch ein Roger Green mal einen Text am Display. Aber das ist natürlich nicht dasselbe wie ein echtes Buch, findet er: „Irgendwann ist das Digitale einfach zu wenig. Man will einfach etwas in der Hand halten.“ Die Haptik, die Wertigkeit des Papiers, der Umschlag aus Leder, Holzfurnier oder eingeschlagener Pappe, die Bindung selbst – das alles macht die Arbeit von Roger Green aus. Und das nun schon seit über 30 Jahren.
Schlagschere
Die Schlagschere benötigt man, um Pappe (bis 3 Millimeter Stärke) oder Papier (bis ca. 5 Bögen auf einmal) zurechtzuschneiden.
In Wuppertal ist der gebürtige Brite seit 1994, seine erste Anlaufstelle in Deutschland war Bochum, wo er zusammen mit einem Freund gearbeitet hat. Seine kleine Werkstatt in unmittelbarer Nähe zur Christian-Morgenstern-Schule in der Wittensteinstraße versprüht nostalgisches Flair. Überall ganz offensichtlich museumsreife Werkzeuge, die hier noch aktiv am Arbeitsleben teilhaben dürfen. Alte Schätze wie eine riesige Schlagschere, mehrere schwere Buchpressen, eine alte Heißprägepresse nebst sauber einsortierten Bleilettern, eine Papier-Guillotine aus den 60er Jahren sowie anderes Werkzeug aus vergangenen Zeiten. „Das haben wir alles mit der Zeit angesammelt“, so Green. Vieles stamme aus Auflösungen anderer Betriebe, oft würden ihm auch alte Schätze von selbst angeboten. Buchbinder sind heutzutage rar geworden, deshalb kennt man sich in der übersichtlichen Branche.
Papier-Guillotine
Dieses Gerät ist für das Beschneiden von fertigen Buchblöcken. Durch den gleichmäßigen Druck gelingt damit ein gerader und glatter Schnitt.
Buchbinden als Schulfach
Tradition ist dem heute 60-Jährigen wichtig. Noch wichtiger ist ihm allerdings die ständige Weiterentwicklung seines Handwerks und die Umsetzung der eigenen Ideen. So produzieren sowohl Roger Green als auch seine Frau Sabine Langenberg-Green regelmäßig eigene Gedicht- und Kunstbände sowie zahlreiche andere Objekte in Eigenregie. „Einfach, weil ich das gerne machen will“, so Roger Green. Sogar einen eigenen kleinen Ausstellungsraum gibt es in dem Eingangsbereich des Handwerksbetriebs.
Buchpresse
Diese Pressen können sehr viel Druck ausüben. Sie werden für das Pressen von zusammengeklebten Pappe- Laminaten, eingeklebten Buchvorsätzen, Reliefmustern, fertigen Buchdeckeln, Intarsienarbeiten (z. B. in Leder) und alles, was „richtig“ gepresst werden muss genutzt.
Weitere Mitarbeiter beschäftigten die beiden nicht. „Selbst ausbilden, das kann ich leider nicht leisten. Das passt einfach nicht in unseren Arbeitsalltag“, so Green. Dafür gibt er sein Wissen in Fortbildungen und Workshops weiter, die regelmäßig ausgebucht sind. Außerdem unterrichtet er an der Waldorf-Schule in Haan-Gruiten und an der Rudolf-Steiner-Schule in Remscheid. Dort gehört Buchbinden zum Unterrichtsstoff. Die Schüler lernen beispielsweise die sogenannte Japanbindung kennen, die Roger Green lieber als asiatische Bindung bezeichnet, da sich diese Technik eigentlich von China aus über den asiatischen Kontinent ausgebreitet hat.
Heißprägepresse
Dieses Gerät wird benutzt, um Einbände zu beschriften oder diesen einen Titel zu geben. Funktionsweise: Einzelbuchstaben werden zusammengesetzt (oder fertige Klischees) und heiß gemacht. Durch eine eingelegte Gold-, Silber- oder andere farbige Folie werden die Buchstaben in den Einband eingedruckt.
Lebenslanges LernenLeidenschaft statt Arbeitsalltag – dieses Credo vermittelt Green mit jedem Wort, wenn er über seine Tätigkeit spricht. Die Buchbinderei sei „ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur“. Mit diesem Anspruch und einer gehörigen Portion Geduld und Fachwissen – ohne diese beiden Eigenschaften geht es nicht – macht sich Green täglich ans Werk. Sorgfalt gehört dabei zum obersten Gebot. „Wenn ich merke, dass ich einen schlechten Tag habe, lasse ich wichtige oder komplexe Arbeiten auch mal liegen“, sagt er. Die Kunden danken ihm seinen gewissenhaften Einsatz mit Treue. Ein Großteil der Menschen, für die er arbeitet, sind langjährige Kunden, die immer wieder die Handwerkskunst von Green und seiner Frau in Anspruch nehmen. Lebenslanges Lernen gehört für Green dazu, macht seinen Beruf letztlich aus: „Es wird nie langweilig. Im Gegenteil, je länger man arbeitet, umso mehr hat man das Gefühl, da kommt noch viel mehr“, sagt der Wahlwuppertaler. „Wenn man meint, man kann schon alles, dann läuft etwas schief.“
Text: Marc Freudenhammer