Freizeit: Roller Derby
Sie nennen sich „Miss Wreckin’ Bones“, „Pandora Pick-A-Fight“ oder „FearLiz Bones“, sie tragen Helm, Knieschoner und grellbunten Zahnschutz. Auf Rollschuhen rempeln und schieben sie sich gegenseitig aus dem Weg. Klingt nach hartem Sport, Knochenbrüchen und Kampf. Aber alles halb so wild. In Wirklichkeit heißen sie Jennyfer, Birte und Lisa und sie üben einen Sport aus, der nur auf den ersten Blick wild und gefährlich aussieht: Roller Derby.
Heute sind neun Frauen und ein Mann zum Training von Roller Derby Wuppertal in die Turnhalle Königshöher Weg gekommen. „Das ist unsere Rookie-Truppe“, erklärt Karolin, eine weitere Aktive. Gemeinsam versuchen sie und die anderen, ihren Sport in Wuppertal zu etablieren. Das ist gar nicht so einfach. Wer kennt schon Roller Derby?
Die Grundidee ist schnell erklärt. Gespielt wird in Fünferteams, die sich eine Art Verfolgungsrennen liefern. Punkte werden erzielt, indem eine Spielerin das gegnerische Team überholt. Dieses versucht das natürlich zu verhindern und blockiert die Bahn. Die Kunst besteht darin, durch erlaubtes Schieben und Drängeln durch den gegnerischen Block hindurchzufahren. Das erfordert einiges an Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer. Und genau das trainieren die Rookies unter Anleitung ihrer Trainerin Lisa. Übung eins: Eine Spielerin versucht, zwei Blockerinnen wegzuschieben, die sich ihrerseits dagegenstemmen. Dabei die nötige Kraft auf die Rollen zu bringen beziehungsweise abzubremsen ist nicht so einfach. Übung zwei: Alle rollen im Pulk über die Bahn, während sich plötzlich die vorderste Spielerin fallen lässt. Die anderen müssen jetzt aufpassen, sie nicht zu überfahren oder selbst ins Straucheln zu geraten. Übung drei: Die Spielerinnen rollen in einer Reihe durch die Halle, während eine im Slalom die Reihe von hinten nach vorne abfährt.
„Wer an offiziellen Spielen teilnehmen will, muss einen sogenannten Minimal Skills Test, kurz MST, absolvieren.“ Lisa Hartl
Übung macht den Meister
Die Technik zu beherrschen ist auch deshalb wichtig, um die Mitspielerinnen nicht zu verletzen. „Wer an offiziellen Spielen teilnehmen will, muss einen sogenannten Minimal Skills Test, kurz MST, absolvieren“, erklärt Trainerin Lisa. Beim letzten Versuch haben das noch nicht alle geschafft. Macht aber nichts. Irgendwann ist jede soweit. Wir haben hier Spielerinnen, die vor ihrem ersten Training noch nie auf Rollschuhen gestanden haben“, berichtet Jennyfer. „Die haben das aber innerhalb weniger Wochen gelernt.“
Dienstälteste Aktive im Team ist Birte. Sie hat Roller Derby in Glasgow kennengelernt und die Anfänge des Sports in Wuppertal erlebt. „Wir haben uns anfangs in der Börse getroffen und zu lauter Punkmusik trainiert“, erzählt sie. Punk und Feminismus prägen gewissermaßen das Image dieses Rollschuh-Sports. Punkmusik läuft jetzt nur noch dezent im Hintergrund und auch Männer dürfen gerne mitmachen. „Wir wollen offen sein für alle, die sich für unseren Sport interessieren“, sagt Birte. Offen sein heißt auch, dass das Alter keine Rolle spielt. Beim Rookie-Training ist der Jüngste 19, die Älteste 39. Nur nach unten gibt es eine Altersgrenze: Offiziell erlaubt ist Roller Derby erst für Spielerinnen und Spieler ab 18 Jahren. „Wer uns mal beim Training besuchen möchte, braucht noch keine eigene Ausrüstung mitzubringen“, versichert Lisa. „Wir stellen erstmal alles zur Verfügung.“ Neulinge sind beim Training immer dienstags, 20 Uhr, in der Turnhalle Königshöher Weg herzlich willkommen.
Mehr Infos und Kontaktmöglichkeiten gibt es auf der Facebookseite von Roller Derby Wuppertal.
Vor Ort
In Wuppertal gab es schon mehrere Roller-Derby-Teams: Pirate Brides (2011–2016), Red Lion Roller Derby (2011–2018), Psycho Dolls Roller Derby (2011–2018), Wuppertal United (2016–2018) und seit 2018 Wuppertal Roller Derby. Der Verein hat 40 Mitglieder.Geschichte
Roller Derby hat seinen Ursprung in den 1930er Jahren in den USA. In der Hochphase des Sports spielten professionellen Teams in Stadien vor bis zu 50 000 Zuschauern. Nach einem Niedergang gab es um die Jahrtausendwende ein Revival mit einer Verbindung zu Punk und Feminismus. Der Sport wird immer noch hauptsächlich von Frauen ausgeübt. Das erste Team in Deutschland gründete sich 2006 in Stuttgart. 2010 fand die erste deutsche Meisterschaft statt. Seit 2015 gibt es eine Roller-Derby-Bundesliga.Wettkämpfe
Bundesligaspiele gibt es in Essen (1. BL), Köln (mehrere Teams 2. BL) und Münster (3. BL Nord) zu sehen.
Aktuelle Termine: 21.09. Graveyard Queens (Köln) – Riot Rocketz (Leipzig), Sporthalle Everhardstraße 60, Köln
22.09. Zombie Rollergirlz (Münster) – Prussian Fat Cats (Potsdam), Ballsporthalle Horstmarer Landweg 68b, Münster
12.10. Graveyard Queens (Köln) – Demolition Derby Dolls (Köln), Sporthalle Everhardstraße 60, Köln
26.10. Zombie Rollergirlz (Münster) – Breaking Beats (Berlin), Ballsporthalle Horstmarer Landweg 68b, Münster
03.11. RuhrPott Roller Girls (Essen) – Riot Rollers (Darmstadt), Wohnbau Hockey-Arena, Raumerstraße 51, Essen
Alle Termine gibt es auf derbyposition.com.
Text: Rainer Friedrich