Freizeit: Klub der langen Menschen
Wie hoch ist die Tür? Wie lang das Bett? Wie steht es um die Beinfreiheit im Bus? Diese und ähnliche Fragen müssen sich überdurchschnittlich große Menschen im Alltag häufig stellen. Beim Klub langer Menschen tauscht man sich darüber aus – und begegnet sich auf Augenhöhe.
Ulrike Korting und Frank Wülfing sind Menschen, zu denen man aufschaut. Nicht, weil sie etwas Besonderes geleistet haben. Nicht, weil sie Führungspositionen innehaben. Die beiden gebürtigen Wuppertaler sind schlicht überdurchschnittlich groß. Er 1,98 Meter, sie über 1,80 Meter. Heute, so das unverheiratete Paar, sei das allerdings gar nicht mehr so ungewöhnlich. Höchstens Durchschnitt im Vergleich zu den jungen Leuten. Es gebe heute einfach mehr große Menschen, da falle man nicht mehr so auf. Ulrike Korting ist Wuppertaler Bezirksleiterin des Klubs der langen Menschen, Frank Wülfing ihr Stellvertreter.
Der Klub langer Menschen ist ein in München eingetragener Verein mit Bezirksgruppen in zwanzig Städten Deutschlands. Es geht um die Belange großer Menschen. Im KLM können Frauen mit mindestens 1,80 Meter und Männer mit mindestens 1,90 Meter Körperlänge Mitglied werden. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht. Der Klub steht in Kontakt mit ähnlich gelagerten Vereinen zum Beispiel in Polen, den Niederlanden, Großbritannien oder Österreich.
„In meiner Jugend gab es vielleicht zwei bis drei Paar Schuhe in der richtigen Größe. In manchen Geschäften wurde man direkt wieder rausgeschickt. Heute ist das Angebot wesentlich vielfältiger“, sagt Frank Wülfing. Die Auswahl an übergroßen Schuhen, Hosen, Jacken und anderen Kleidungsstücken habe sich in den letzten Jahren spürbar verbessert. In den Geschäften und natürlich durch die Möglichkeiten im Netz. Früher war das anders. Was heute das Internet ist, war damals die Vereinszeitung des Klubs der langen Menschen. Dort fand man Geschäfte, die entsprechend ausgestattet waren.
Trotzdem zieht es Großgewachsene in Sachen Shopping immer noch in die Nachbarstädte Köln und Düsseldorf. Einmal im Jahr macht Ulrike Korting mit Vereinsmitgliedern einen Shoppingausflug in die Rheinstädte: „Da hat man noch mal ein größeres Angebot“, sagt sie. Die hiesigen Einzelhändler könnten sich davon noch eine große Scheibe abschneiden.
Kennenlernen im Klub
Der KLM will keine Kontaktbörse sein – auch wenn aus den regelmäßigen Aktivitäten des Vereins nicht nur langjährige Freundschaften, sondern durchaus auch Partnerschaften erwachsen sind. So war es zumindest bei Ulrike Korting und Frank Wülfing. Die Geschichte: Einmal im Jahr treffen sich alle Vereine zu einem großen Europatreffen. 1984 war das für Ulrike Korting der Auslöser für den Kontakt mit dem Klub. „Ich wollte zusammen mit einer Arbeitskollegin nach Berlin fahren, auch weil das Angebot unschlagbar günstig war, und habe den Wuppertaler Bezirksleiter angesprochen. Wir sind dann erstmal zum Stammtisch gegangen, um die übrigen Mitglieder kennenzulernen.“ Letztlich sei sie dann immer öfter gekommen – und hat dort ihren Lebenspartner gefunden. Nach einem Stammtisch habe es zwischen den beiden gefunkt. „Frank hat zielsicher meine Jacke von der Garderobe genommen und mir hineingeholfen. Ich habe gefragt: Woher weißt du denn, dass das meine Jacke ist?“, erzählt Ulrike Korting. „Das ist die einzige mit der Größe 52“, habe Frank Wülfing, der bereits seit 1978 im Verein aktiv ist, erwidert. Korting fand das unglaublich charmant: „Und dann war es passiert“, sagt sie und lacht.
Platz kostet
„Wir unternehmen viel zusammen, organisieren Ausflüge, Treffen und Workshops“, so Ulrike Korting. Neben den regelmäßigen Stammtischen gehe man auch gerne mal tanzen oder verreise gemeinsam. Bei der Buchung solcher Aktivitäten muss Korting immer auf einige Details achten, die für Normalgroße keine Rolle spielen. Zum Beispiel, ob die Betten im Hotel ohne Fußteile sind, damit man sich nicht krümmen muss, um darin schlafen zu können. Oder, wie hoch die Tische im Restaurant sind. Auch beim Transport von A nach B gibt es einige Stolpersteine: In Reisebussen und Flugzeugen ist das Platzangebot schon für durchschnittlich große Menschen grenzwertig. Wenn die Mitglieder des KLM reisen, buchen sie deshalb – wenn möglich – XXL-Sitze. Das kostet natürlich auch extra. „Für unseren Flug nach Mallorca mussten wir letztens 29 Euro Aufschlag pro Person zahlen“, sagt Frank Wülfing. Das Platzangebot in der Wuppertaler Schwebebahn findet er hingegen unproblematisch.
Reisen und Kleidung sind die eine Sache, der persönliche Wohnraum eine andere. Wer die Möglichkeit hat, der passt die Proportionen in den eigenen vier Wänden an. Größere Türzargen, eine höhere Arbeitsplatte für die Küche, eine längere Badewanne und zahlreiche weitere Anpassungen habe man am Eigenheim vorgenommen, berichten die beiden. „Wer zur Miete wohnt, hat natürlich nicht so viele Optionen“, so Korting.