Kultur: Freie Theaterszene
Bühne frei!
Theater, Tanz, Musical, Zauberei – das Angebot der freischaffenden Bühnen im Stadtgebiet ist üppig. Hier findet jeder etwas nach seinem Geschmack. Ein Überblick.
Nix los im Tal. In Barmen gibt es ja keine Kultur. Immer wieder sind solche Sprüche in Wuppertal zu hören. Dabei gibt es mehr als ein Dutzend Kulturstätten von Vohwinkel bis Langerfeld, die sich ausschließlich der Präsentation von Musik und Theater widmen. Dazu kommt fast ein weiteres Dutzend an Kneipen und Cafés, die regelmäßig Musiker, Kleinkünstler oder Theatergruppen bei sich zu Gast haben. Von Gemeindehäusern und Stadtteiltreffs ganz zu schweigen.
Die Metropole München mit 1,5 Millionen Einwohnern hat rund zwölf freie Theaterbühnen. Wuppertal mit 360 000 Einwohnern hat acht feste Privattheater, die regelmäßig spielen und zum größten Teil auch über eigene Räume verfügen. Mit nur einem kleinen städtischen Zuschuss oder sogar ganz ohne erfreuen sie das Publikum mit Komödien, großen Klassikern oder Kindertheater auf halbprofessionellem oder Profi-Niveau. Die Wuppertaler müssen nur noch hingehen.
So teilen sich das Komödien-Ensemble und das KS Theater (ehemals Theater im Tanzhaus) die Komödie am Karlsplatz. Nach langem Leerstand eröffnete Cordula Polster im Oktober 2016 das Haus mit den 165 Plätzen im Herzen Elberfelds neu. Die Intendantin betreibt in Stuttgart schon das Theaterschiff und zeigt ihre Inszenierungen mit Profi-Musicaldarstellern nun auch in Wuppertal. Ihr Schwerpunkt liegt auf selbst geschriebenen Komödien mit viel Musik. Je einen Monat bestreiten die Stuttgarter, den anderen Kristof Stößel mit seinem Team. Auch beim KS Theater stehen professionelle Schauspieler auf der Bühne. Der Theaterleiter inszeniert nicht nur, sondern übernimmt meistens auch selbst eine Rolle.
Große Vielfalt
Nur einige hundert Meter weiter hat das TalTonTheater seit sieben Jahren direkt an der Nordbahntrasse eine feste Bleibe. Vorher hatte das Team um Jens Kalkhorst und David Meister sieben Jahre lang im Rex-Theater gespielt. Die Bandbreite des halbprofessionellen Ensembles ist groß: Überzeugend dargebotene Klassiker wie Lessings „Nathan der Weise“ oder Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ stehen neben Komödien, Adaptionen aus dem Kino oder Musicals. Überhaupt spielt die Musik bei den Inszenierungen von Jens Kalkhorst immer eine große Rolle und kommentiert häufig die Handlung. Mit dem Märchenfestival, das das TalTonTheater früher auf der Hardt und jetzt im Freilichtmuseum Lindlar veranstaltet, wurde es 2010 Sieger im bundesweiten Ideenwettbewerb.
In Wichlinghausen, am Rande des Nordparks residiert das Kammerspielchen, das weitere Ableger in Solingen-Gräfrath und Oberhausen hat. Ernst-Werner Quambusch organisiert das Theater. Fernsehdarsteller zeigen dort in kleiner Besetzung Komödien und Kammerspiele. Besonders Claus Wilcke tritt häufig auf, bekannt durch seine Fernsehrolle als Percy Stuart.
München hat rund zwölf freie Theaterbühnen, Wuppertal hat acht feste Privattheater.
Ebenso viele Zuschauer wie die Wuppertaler Bühnen erreicht das Cronenberger TiC-Theater. In zwei Häusern auf vier Bühnen werden von Mittwoch bis Sonntag Krimis, Komödien, Klassiker und Musicals aufgeführt. Während die Theaterleitung aus dem Regisseur Ralf Budde und dem Filmkomponisten Stefan Hüfner besteht, sind die Ensemblemitglieder zum größten Teil Laien. Viele von ihnen spielen jedoch seit Jahren oder sogar Jahrzehnten und haben dadurch ein professionelles Niveau erreicht. Außerdem diente das TiC vielen jungen Menschen als Sprungbrett zur Profi-Karriere: Patrick Stanke oder Julia Meier sind Beispiele für erfolgreiche TiC-Gewächse, die heute Hauptrollen auf großen Musicalbühnen übernehmen.
Förderung des Nachwuchses wird auch im Kinder- und Jugendtheater großgeschrieben. Schon für die Kleinsten gibt es dort Theaterkurse, die mit den Kindern sowohl thematisch als auch vom An-spruch her mitwachsen. Nur die Allerbesten dürfen dann bei den großen Produktionen mitwirken, mit denen das Kinder- und Jugendtheater auch das Umland bereist. Lars Emrich hat schon viele beliebte Kinderbücher auf die Bühne gebracht und begeistert damit regelmäßig Kinder und Eltern.
Ebenfalls an kleine und große Zuschauer richtet sich Müllers Marionettentheater am Neuenteich. Seit 35 Jahren zeigen Ursula und Günther Weißenborn liebevoll gestaltete Stücke mit selbst gebauten Marionetten. Manche Aufführungen wie zum Beispiel „Lysistrata“ sind speziell für Erwachsene konzipiert. Dauerbrenner wie „Jim Knopf“ oder „Grimms Märchen“ kommen bei jeder Generation gut an.
Raum für Kultur
Ein ganz neues Genre hat Jan Philip Wiepen vor einem Jahr am Arrenberg eröffnet. In seinem Zaubertheater verführt er ein- bis zweimal pro Woche die Zuschauer mit seinen Geschichten und zaubert nebenher die verblüffendsten Tricks. Im BürgerBahnhof im Bahnhof Vohwinkel und in der Bandfabrik in Langerfeld treten mehrmals pro Woche Kleinkünstler, Theatergruppen und Musiker aller Stilrichtungen auf – alles von Ehrenamtlern organisiert. Noch mehr Raum für Kultur bieten das Haus der Jugend Barmen/LCB, die Börse, die Färberei und die Immanuelskirche sowie das Café Ada. In all diesen Locations findet wirklich jeder Kultur für seinen Geschmack. Eher ist es das Problem, bei dem reichhaltigen Angebot eine Auswahl zu treffen. Einen Überblick aller Bühnen findet sich in der Online-Ausgabe.