Energie: Renaturierung Herbringhauser Talsperre
Ein verwitterter Betonstreifen erinnert an früher: Wo einst die Untere Herbringhauser Talsperre war, grünt und blüht es nun wieder. Und mitten in diesem Idyll öffnet demnächst eine Gaststätte.
Zwei Wanderer spazieren gemächlich die Anhöhe hinauf, wenig später lenken zwei Reiter ihre Pferde in dieselbe Richtung. Weiter oben steigt ein Mann in grell-orangefarbener Windjacke von seinem Mountainbike, setzt die Sonnenbrille ab und lässt den Blick über die Kulisse schweifen: die Vielfalt an Baumkronen in verschiedenen Grüntönen, die überwiegend verblühten Huflattich-Nester auf dem mit Kieseln bedeckten Boden, das kleine Tal, durch dessen satte Wiese sich leise plätschernd der Herbringhauser Bach schlängelt.
Unweit vom Standort des Radsportlers ragt ein wadenhohes, rissiges Mäuerchen auf, nach oben hin spitz zulaufend, am Rande einer kleinen Schlucht jäh endend. Es sind die Überreste des denkmalgeschützten, ehemals zwanzig Meter hohen Staudamms, der die einstige Untere Herbringhauser Talsperre begrenzte. Sie war 1928 zur Ergänzung der nahe gelegenen Oberen Herbringhauser sowie der Kerspe-Talsperre errichtet und 2006 wieder zurückgebaut worden (weitere Infos dazu in der Online-Ausgabe). „Oben aus dem Beton guckt noch die verrostete Stahlbewehrung raus“, sagt Friedrike Mürkens, Betriebsleiterin der Kerspe- und der Oberen Herbringhauser Talsperre beim Wupperverband.
Vielfältiges Leben
Neben den Betonresten auf dem Hügel erinnert der leicht V-förmige Krater an die rund fünf Jahrzehnte, in denen das Areal als Wassersammelbecken diente. Längst hat sich das Fließgewässer sein Revier zurückerobert, mündet auf knapp sieben Kilometern Strecke im natürlichen Bett in die Wupper. Wer genau schaut, entdeckt auf der gegenüberliegenden Seite drei Pflöcke, hell mit schwarzen Markierungen. „Pegelstandsanzeiger“, erklärt Mürkens. Wie das inzwischen in Privatbesitz befindliche ehemalige Talsperrenmeisterhaus sind sie Relikte, die an die Vergangenheit erinnern sollen. Deshalb blieb auch die hundert Meter lange Hochwasserentlastungsanlage mit ihren mittlerweile stark bewachsenen, unterschiedlich großen Stufen unangetastet. „Das Areal wurde nur eingezäunt, aus Sicherheitsgründen“, sagt Mürkens. Darüber hinaus ist es im Naturschutzgebiet Herbringhauser Bachtal schlicht idyllisch: Farne und Waldgräser wiegen sich in der leichten Brise, Erle, Espe, Salweide und Vogelbeere strecken ihre Zweige dem Sonnenlicht entgegen. Ein Zitronenfalter flattert vorbei. Und auch im Wasser hat sich wieder vielfältiges Leben angesiedelt.
Ein Schmuckstück, das sowohl von damals erzählt als auch zeitgemäß daherkommt, ist das ehemalige Pumpenhaus unweit des einstigen Damms. Die schweren Pumpen beförderten schon lange kein aufgestautes Wasser mehr flussaufwärts in die Obere Herbringhauser Talsperre, das fast quadratische Gebäude blieb nach dem Staudamm-Rückbau über Jahre hinweg ungenutzt. Und fiel eines Tages Corinna und Reinhard Schiele beim Spaziergang auf. „Du wolltest doch mal wieder etwas machen, sagte meine Frau zu mir“, erinnert sich Schiele, ausgebildeter Gastronom, Regisseur und Schauspieler. Das Ehepaar bewarb sich um das Gewerbeobjekt, verfehlte zunächst den Zuschlag, bekam dann doch grünes Licht.
Seit dem Erwerb Ende 2013 arbeiten die Schieles am gemeinsamen Traum, ein Ausflugslokal im Grünen zu eröffnen. „Es wird Restaurant, Café und Wandergaststätte“, sagt Reinhard Schiele. Im unteren Teil entsteht zusätzlich ein Atelier für kleine Ausstellungen, das auch als Empfangssaal dienen soll. Name: „Das Pumpenhaus“, Motto: „Kurzurlaub im Herbringhauser Bachtal“. Passend dazu gestaltete ein Künstler ein Logo, einen kleinen roten Wandersmann. Für die Einkehrenden plant Schiele handgemachte warme und kalte, herzhafte und süße Speisen, Softdrinks und Heißgetränke, fränkisches Bier, sogar einen kleinen Weinhandel. „Hochwertig, aber preiswert“ solle das Angebot sein – in der Woche wie auch am Wochenende.
32 Tonnen Stahl
Die Hausnummer 10 und das Denkmal-Schild der Bezirksregierung Düsseldorf hängen an der liebevoll sanierten Außenfassade. Der Bau, aus dem Schiele insgesamt 32 Tonnen Stahl entfernen ließ, wurde innen und außen in Schuss gebracht. Unter anderem bekam er ein neues Dach, einen Anbau für ein behindertengerechtes WC, ein Lager im Obergeschoss, Kühlräume im Keller. Das Erdgeschoss ließ Schiele originalgetreu in rot-weiß fliesen, entwarf und verschweißte ein Geländer, gestaltete und montierte Leuchten, ließ die großen Fenster mit ihren gusseisernen Sprossen aufwendig aufarbeiten. An der Decke des etwa 60 Quadratmeter großen Gastraums, der auch für geschlossene Gesellschaften zur Verfügung stehen soll, hängt eine Schiene mit Laufkatze. Tragkraft: drei Tonnen. „Die bleibt, als Zeitzeuge“, sagt Schiele. In beleuchteten Wandnischen stellt er weitere Geräteteile wie Messingzahnräder aus. Die alte stählerne Schorch-Pumpe können Gäste bald im Außenbereich hinter Glas bewundern – während sie nah am Bach in aufgearbeiteten Holz-Gartenstühlen das Rauschen des Wassers und das Zwitschern der Vögel genießen.