Energie: Stromhistorische Sammlung
In der Stromhistorischen Sammlung der WSW haben ehrenamtliche Mitarbeiter Küchengeräte, Waschmaschinen und Radios von früher zusammengetragen. Eine Reise in die Vergangenheit.
Das alte Wählscheiben-Telefon hängt neben dem Vermittlungskasten. Vorsichtig greift Josa die Zählscheibe am Rand und dreht sie. „Und die Löcher zeigen an, bis wohin ich drehen muss?“, fragt er. Für den 13-Jährigen kommt das traditionelle Wählscheiben-Telefon aus einer anderen Welt. Dass man erst den Hörer abnimmt und dann mit dem Finger im passenden Loch die Wählscheibe bewegt, ist ihm völlig fremd. Die Stromhistorische Sammlung der Wuppertaler Stadtwerke bietet einen umfassenden Einblick in frühere Zeiten. Mit viel Liebe zum Detail haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter alte Elektrogeräte aus allen Bereichen gesammelt. Zu besonderen Gelegenheiten oder auf Anfrage zeigen sie ihre Schätze der Öffentlichkeit.
Im ehemaligen Umspannwerk Wupperfeld an der Wichlinghauser Straße lagern die unterschiedlichen Elektrogeräte neben riesigen Stromwandlern und Kabeln. Liebevoll haben die Ehrenamtler in einer Ecke ein Wohnzimmer im Stil der fünfziger Jahre aufgebaut: mit alter Musiktruhe, Mini-Fernseher mit Antenne und einer elektrischen Nähmaschine.
Daneben stehen Waschmaschinen aller Generationen. „In den fünfziger Jahren hatte man nur einmal im Monat Waschtag“, erklärt Rainer Reuter. Im ersten Waschtrog muss noch im Loch darunter die Kohle angeheizt werden, um das Wasser zu erwärmen. Der nächste verfügt schon über einen Motor, der die Wäsche im Kessel bewegt. „Das hier sieht aus wie aus einem Action-Zukunfts-Film aus den achtziger Jahren“, findet Josa. „Das ist aber eine Industrie-Waschmaschine aus den zwanziger oder dreißiger Jahren“, erläutert Horst Sperling das silbrig glänzende, ausladende Modell. Und er verlangt physikalisches Vorstellungsvermögen: Wenn die alte Schleuder schmaler ist als die heutigen – muss sie sich dann schneller oder langsamer drehen, um die gleiche Wirkung zu erzielen? „Die schaffte 2 600 Drehungen pro Minute – heute braucht man das nicht mehr, weil der Umfang größer ist.“
Saugen und trocknen
Nicht nur Elektrogeschichte, sondern auch ein Gefühl für den Alltag unserer Großeltern vermitteln die Betreuer der Sammlung. Sie zeigen einen großen Einwegkessel und Einmachgläser: „Da wurden Fleisch, Gemüse und Obst eingekocht – das hielt monatelang.“ Oder die Bügeleisen, die auf dem Kohleofen erhitzt wurden: „Da musste die Hausfrau die Erfahrung haben, wie heiß sie das Bügeleisen für welches Material macht.“ Nur kurz heben die Jungs die schweren Eisen hoch – die Hausfrau brauchte damals nicht nur Erfahrung, sondern auch Armmuskeln. Die ersten Elektrogeräte im Haushalt waren noch vielfältig nutzbar: Sperling zeigt einen frühen Vorwerk-Staubsauger: „Damit konnte man nicht nur staubsaugen, sondern sogar einen Haartrockner anbauen.“
Den Sammlungsbetreuern liegt jedoch auch die Historie der Stromversorgung am Herzen. Sie erzählen von den ersten Kraftwerken und der Zeit der Nachtspeicheröfen, dass diese über eine besondere Frequenz im Stromnetz angesteuert wurden. Ebenso funktioniere das für die Straßenbeleuchtung. „Also könnte ich mir zu Hause eine Lampe anbauen, die mit der Straßenlaterne angeht?“, fragt Tobias (15) begeistert. Ja, das funktioniere, bestätigen die Profis.
Kabelsalat
Sie zeigen alte und neue Kabel für kleine und große Stromstärken und Sicherungen verschiedener Art. Farbpunkte standen früher für die Stärke der Sicherungen – angelehnt an die jeweilige Farbe der damaligen Briefmarken. Horst Sperling warnt vor billigen Mehrfachsteckdosen und zeigt ein Modell aus Fernost mit schlecht verbundenen dünnen Kabeln auf der Rückseite: „Da fackelt schnell die Bude ab!“ Ausprobieren dürfen die Jungen auch einen riesigen Schalter, mit dem früher Hochspannungsleitungen vom Netz genommen wurden. Es knackt ganz gewaltig, als Tobias mit viel Kraft den langen Hebel umlegt. Noch mehr Kraft benötigen sie bei einer Schautafel zur Stromerzeugung: Durch Drehen an einem Rad erzeugen die Jungs Strom. Bei 33 Watt leuchtet die erste Lampe, bei 50 Watt die nächste. Wer eine Stunde lesen will, bekommt einen Muskelkater.
Fasziniert betrachten die Teenager auch die Radios – vom voluminösen Volksempfänger bis zum Kofferradio. „Woher haben Sie die alle?“, fragt Josa. Jahrelang haben die Mitarbeiter der Stromhistorischen Sammlung die Gegenstände zusammengetragen. Riesige hölzerne Eichtische für Stromzähler stehen neben alten Telex-Geräten, aus denen noch die Lochstreifen hängen. Und was ist wohl die Eule mit dem Kabel daran? „Ein Rauchverzehrer“, klärt Sperling auf. „Alles klar“, murmelt Josa verblüfft. Vieles demonstriert nicht nur Technik-geschichte, sondern auch die damalige Lebenseinstellung. Die Zigarette gehörte in den fünfziger Jahren immer dazu.