Freizeit: Welt der Tees
Teeologie
Flugtee, Pekoe oder Broken? Teeliebhaber schmecken jede Nuance des edlen Heißgetränks. Sie können inzwischen unter vielfältigen Sorten wählen.
„Die Wuppertaler nehmen immer Tee in Beuteln“, glaubt Liying Zhu. Das geht für die junge Chinesin gar nicht. Sie bringt ihren Tee lose aus ihrer Heimat mit. Dort spielt Tee eine zentrale Rolle: „Meine Eltern haben zu Hause ein Teezimmer. Wenn Freunde kommen, sitzt man dort und trinkt gemeinsam Tee.“
Teebeutel findet auch Martin Stürtzer schrecklich. Wenn er bei Freunden eingeladen ist, bringt er oft seinen eigenen Tee mit. In der Kölner Musikhochschule, wo der Organist Kirchenmusik studiert, steht er vor einem Problem: „Heißes Wasser einzeln kaufen geht dort in der Mensa nicht.“ Tee aus der Thermoskanne mag Stürtzer jedoch auch nicht, „der schmeckt bitter“. Stürtzer testet Tees wie andere Menschen Wein: „Ich finde es interessant, dass man so viele verschiedene Sorten ausprobieren kann.“ Wobei ihm aromatisierte Alternativen nicht in die Kanne kommen. „Schon innerhalb von schwarzem und grünem Tee gibt es so viele Aromen.“
Wuppertaler Wasser in Köln
Selbst bei den verschiedenen Ernten des gleichen Tees schmeckt der Teeliebhaber unterschiedliche Nuancen heraus. Und auch das Wasser, mit dem er den Tee zubereitet, spiele eine große Rolle: „In Wuppertal haben wir sehr gutes Leitungswasser für Tee. Wenn ich bei Freunden in Düsseldorf bin, merke ich, dass der Tee anders schmeckt.“ Und auch zum pur trinken nimmt er manchmal extra Wuppertaler Leitungswasser mit nach Köln. Selbst beim Kennenlernen seiner Freundin spielte Tee eine Rolle: „Sie hatte den gleichen Tee wie ich – da wusste ich, das wird gut.“
Bei Martin Stürtzer teilt der Tee den Tag ein: „Das ist für mich immer der erste Schritt, um die Folgearbeit zu strukturieren. Ich trinke Tee morgens zum Wachwerden und abends zum Einschlafen. Für mich ist das wie eine Ruheinsel.“ Bevor er sich zum Üben ans Klavier setzt, kocht er erst einmal Tee. Nur beim Wanderurlaub in Norwegen packte der 34-Jährige Tee in Beuteln in den Rucksack – extra für solche Gelegenheiten gibt es selbst befüllbare Teebeutel zu kaufen.
„Ich trinke Tee morgens zum Wachwerden und abends zum Einschlafen. Für mich ist das wie eine Ruheinsel.“ Martin Stürtzer
Alles für den Geschmack
Immer auf der Suche nach den besten Tees ist Helmut Albrecht von Tee Gschwendner in Elberfeld. Oft hat er die Teeregionen in Darjeeling, China oder Nepal besucht. „Die Herstellung von Tee ist hochkompliziert“, betont er. Alles wirke sich auf den Geschmack aus: die Höhenlage, in der der Strauch wächst, das Pflücken, die Art der Welkung und die Trocknung. „Man schmeckt sogar, ob das Teeblatt vom oberen oder unteren Ende des Feldes kommt“, behauptet er. Ausgesuchte Tees werden nur in dünnen Schichten zum Trocknen ausgebreitet, billige dick übereinander geschichtet. In Teebeuteln befindet sich hauptsächlich der Staub, der nach dem Aussortieren hochwertiger Tees übrig bleibt. Grüner Tee wird nach dem Pflücken anders bearbeitet und ist dadurch leichter bekömmlich. „Den darf man auch nur mit 80 Grad heißem Wasser übergießen“, betont Albrecht.
Das Pflegen der Sträucher sei ebenfalls wichtig, so Helmut Albrecht: „Beim Darjeeling gibt es Probleme wegen des Tee-Streiks in Indien.“ Dort streiken Arbeiter aus dem Volk der Gorkha für mehr Autonomie. Doch wenn die 120 Jahre alten Büsche nicht geschnitten werden, verholzen sie. Es könnte also sein, dass Darjeeling bald zur Mangelware wird. Albrecht hat eine Alternative parat: ein Sozialprojekt in Nepal, direkt an der Grenze zu Darjeeling.
Karotte-Ingwer und Tomato Twist
Die einen Kunden kaufen schüchtern 50 Gramm „schwarzen Tee“, die anderen lassen sich gezielt große Beutel ihrer Lieblingssorten einpacken. Besonders Anspruchsvolle nehmen Flugtee, der per Flugzeug wenige Tage nach dem Pflücken im Laden landet. „Ich schmecke da schon einen Unterschied“, sagt eine Kundin.
In der kalten Jahreszeit schätzen viele Wuppertaler Früchte- und Kräutertees für abends. „Rooibos-Sahne-Karamell oder Ananas-Kiwi-Erdbeere werden gerne genommen“, sagt Marion Murach von Marion‘s Teehaus. Bernd Krüger betreibt in Barmen seit 41 Jahren ein Teehaus und beobachtet: „Der Kunde ist anspruchsvoller geworden, möchte alles frisch haben.“ Wo es früher vier Sorten Kräutertee gab, sind es jetzt 30 Sorten. Häufig kommen Leute zu ihm, die bei Freunden erstmals Pfefferminztee aus ganzen Blättern erlebt haben und nun begeistert sind. Ganz neu sind Gemüsetees – etwa Karotte-Ingwer oder Tomato Twist. „Der hat sich aber nicht so durchgesetzt.“ Weltmeister seien die Deutschen hingegen bei aromatisierten Tees. „40 Prozent des nach Deutschland importierten Tees wird hier aromatisiert und gemischt und dann teilweise wieder exportiert“, erzählt Krüger. Neben dem traditionellen Earl Grey gibt es eine reiche Auswahl verschiedener Geschmacksrichtungen.