Freizeit: Letzte-Hilfe-Kurs
Die Erstversorgung von Verletzten gehört gewissermaßen zum Grundwissen. Doch was ist mit der Begleitung am Ende des Lebens? Der Letzte-Hilfe-Kurs des Hospizdienstes „Die Pusteblume“ will genau darauf vorbereiten. Katharina Ruth erklärt, was es damit auf sich hat.
Der Tod ist ein Ereignis, das man gerne verdrängt. Und das, obwohl es unweigerlich eintritt, für jeden. Das Wissen um die Sterbebegleitung ist in unserer Zeit mehr oder weniger abhandengekommen. Zum Teil auch durch den Wegfall religiöser Rituale, die für viele Menschen kaum noch eine Rolle spielen. Diesem Umstand widmet sich seit Jahren die Hospiz- und Palliativbewegung. Seit den achtziger Jahren nimmt die Zahl der entsprechenden Einrichtungen kontinuierlich zu. „Jeder sterbende Mensch, ob nun durch eine unheilbare Krankheit oder einfach altersbedingt, soll das bekommen, was er braucht“, sagt Katharina Ruth. Jahrelang hat sie in Alten- und Pflegeheimen gearbeitet. Seit 2011 leitet sie den Wuppertaler Hospizdienst und seit Mitte 2017 auch die neuen Letzte-Hilfe-Kurse. Das erste Seminar wurde im September abgehalten – und war innerhalb von drei Tagen ausgebucht. Mit den Kursen sollen auch Berührungsängste abgebaut und ein Grundwissen aufgebaut werden. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit dem Tod in Berührung kommen liegt schließlich bei hundert Prozent“, sagt Katharina Ruth.
Begegnung mit dem Tod
Nur rund vier Prozent aller Menschen sterben heute in Hospizen. „Das Ziel kann es ja nicht sein, überall Hospize zu bauen“, so Katharina Ruth. Entwickelt wurde der Letzte-Hilfe-Kurs vom Anästhesisten und Palliativmediziner Dr. Gerhard Bollig, der sich zum Ziel gesetzt hat, jeden Bürger und jede Bürgerin in der Sterbebegleitung zu schulen, ebenso, wie es der Gedanke der Ersten Hilfe ist. Die Letzte-Hilfe-Kurse beim Hospizdienst „Die Pusteblume“ werden kostenfrei angeboten und richten sich an alle Interessierten. In nur drei Stunden wird dort Basiswissen vermittelt. „Einen Menschen im Sterben zu begleiten, ist ja keine Aufgabe für Spezialisten, sondern eine urmenschliche Angelegenheit.“ Dazu gehören Fragestellungen wie: Was braucht ein sterbender Mensch? Was braucht er nicht? Wie gehe ich auf einen sterbenden Menschen zu? Wie gehe ich mit der Situation um? „Was zum Beispiel viele nicht wissen ist, dass Menschen nicht zwingend etwas trinken müssen, wenn sie sterben. Das Nicht-trinken-Wollen ist ein natürlicher Teil des Sterbens. Durch weniger Flüssigkeit werden körpereigene Botenstoffe freigesetzt, die das Sterben leichter machen“, so Ruth. Infusionen würden demnach den Tod nur qualvoll in die Länge ziehen.
„Jeder sterbende Mensch, ob nun durch eine unheilbare Krankheit oder einfach altersbedingt, soll das bekommen, was er braucht.“
Der Kurs ist in vier große Themenbereiche eingeteilt. Einen allgemeinen, einführenden Teil, einen rechtlichen Teil, einen praktischen Teil und um das Thema Abschied nehmen. Gerade beim letzten Punkt gebe es große Wissenslücken, so Ruth. „Das Begreifen des Todes tut unserer Seele gut.“ Und schließlich sei dieser Abschied ein absoluter, was man währenddessen versäumt, ist unwiederbringlich weg.
Auch der allgemeine Umgang zum Beispiel gegenüber Kindern sollte zumindest überdacht werden. Bis vor einigen Jahren galt es als Unsitte, Kinder mit auf eine Beerdigung zu nehmen, weil man sie schützen wollte. Damit nimmt man ihnen allerdings auch die Möglichkeit zum Abschied, findet Katharina Ruth.
Sorgende Gemeinschaft
Die Erkenntnis, dass wir neue Konzepte des menschlichen Umgangs brauchen, setzt sich auch in Deutschland immer mehr durch. Zu sehen ist das an zahlreichen, meist ehrenamtlichen Projekten und Zusammenschlüssen. Eine Entwicklung, die in anderen Ländern teilweise schon ein Stück weiter ist. In Großbritannien gibt es beispielsweise den Ansatz der Caring Communities, also der sorgenden Gemeinschaft. „Da wird überlegt, wie man mit alten Menschen umgeht. Oder wie man Menschen mit Demenz ein Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht“, schildert Ruth.
Es gehe letztlich nicht darum, irgendetwas überzustülpen, sondern Angebote zu schaffen und Räume zu öffnen. Schließlich habe jeder Mensch andere Bedürfnisse, die es zu respektieren gilt. Dennoch: „Wir sind ja alle soziale Wesen“, so Katharina Ruth. Recht hat sie. Im kommenden Jahr feiert „Die Pusteblume“ ihr zwanzigjähriges Jubiläum.