Verkehr: Schwebebahnstation Alter Markt wird 50
Zweimal H
Vor 50 Jahren wurde der Schwebebahnhof Alter Markt gebaut. In Sachen Nutzerfreundlichkeit setzte er neue Maßstäbe.
Die sechziger Jahre waren ein Jahrzehnt des Individualverkehrs. Nach den Entbehrungen der ersten Nachkriegsjahre konnten sich immer mehr Menschen ein eigenes Auto leisten. Die Autoindustrie boomte und die Begeisterung für die Freiheit auf vier Rädern hatte auch Konsequenzen für die Stadtplanung und den öffentlichen Personennahverkehr. In Wuppertal wurde die Bundesstraße 7 – übrigens eine der ältesten Fernstraßen Deutschlands – für den wachsenden Autoverkehr ausgebaut, die Kreuzung mit Steinweg und Fischertal erhielt ein ganz neues Gesicht. Den Planungen stand jedoch die damalige Schwebebahnstation Rathausbrücke, die das Barmer Zentrum erschloss, im Weg.
Der Bahnhof aus den Anfangsjahren der Schwebebahn wurde abgerissen. Für den Neubau stellten sich jedoch schwierige bautechnische Probleme. Der neu gestaltete Kreuzungsbereich, für den auch die Wupperbrücke neu gebaut werden musste, erforderte es zunächst, die neue Station um gut 50 Meter nach Osten zu verlegen. Vor allem aber musste die Fahrschiene der Schwebebahn ein 105 Meter langes Stück über die Kreuzung ohne Stützen überbrücken. Die Lösung, die man dafür fand, war ebenso technisch beeindruckend, wie ästhetisch gelungen. Zwischen die Stützen 394 und 400 wurde ein 172 Meter langes Fachwerk-Traggerüst für die Fahrschiene eingefügt. Die Aufhängung dieser Brücke erfolgte über Schrägseile, die an zwei H-förmigen, 38 Meter hohen Pylonen befestigt sind. Sie werden auf der westlichen Seite von Widerlagern im Boden gehalten, während gegenüber die Schwebebahnstation selbst das Gegengewicht bildet.
Leicht und transparent
Auch zuvor schon hatten die WSW wegen des Ausbaus der B 7 in Elberfeld diese Hauptverkehrsader mit speziellen Tragkonstruktionen überbrücken müssen, so bereits 1955 an der Ohligsmühle und 1962 auf der Höhe der Straße „Am Wunderbau“. Auch hier wurden technisch interessante Lösungen gefunden, aber nirgends war die Herausforderung für die Konstrukteure so groß wie am Alten Markt. Das stadtbildprägende Bauwerk kann sich bis heute sehen lassen und wird daher auch allnächtlich mit LED-Scheinwerfern farbig angestrahlt.
Das Pendant zu der Überbrückung bildet der Schwebebahnhof. Die Arbeiten an der neuen Station begannen 1966 und dauerten neun Monate. In dieser Zeit entstand vor den Augen der Wuppertalerinnen und Wuppertaler ein Schwebebahnhof ganz neuen Typs. Deutlich größer als der Vorgängerbau, mit klaren Formen und einer Glasfassade versehen, die viel Licht ins Innere lässt, ist sie ein Kind ihrer Zeit. Trotz ihrer Masse von 1 650 Tonnen und ihrer Kompaktheit wirkt die Station leicht und transparent. Dieser erste Stationsneubau nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt als bis dato einzige Station Rolltreppen, um den Zugang zur Bahnsteigebene zu erleichtern.
Kurz vor Inbetriebnahme der Station war noch eine zweiwöchige Betriebspause nötig, um letzte Arbeiten zu erledigen und eine Belastungsprobe an der Tragkonstruktion über der Kreuzung mit bis zu acht Schwebebahnwagen gleichzeitig durchzuführen. Am 17. April 1967 konnten erstmals Fahrgäste an der neuen Station Alter Markt ein- und aussteigen. Sie war die erste „moderne“ Station der Schwebebahn, ist heute aber in ihrer Bausubstanz tatsächlich die zweitälteste nach der Station Döppersberg. Das Prinzip Transparenz hat sich beim Bau aller in der Folge errichteten Schwebebahnhöfe durchgesetzt und auch bei der kantigen Form scheinen viele Konstrukteure der während des Schwebebahnausbaus errichteten Stationen von der Station Alter Markt inspiriert worden zu sein. Der 50 Jahre alte Bahnhof kann also mit Recht für sich beanspruchen, ein Klassiker zu sein.