Verkehr: Busfahren als Ehrenamt
Seit über zehn Jahren gibt es in Ronsdorf den Bürgerbus. Cronenberg zog 2009 nach. Das ehrenamtlich organisierte Angebot bietet Senioren und Kindern Bewegungsfreiheit.
Ob Einkaufen, Arztbesuch oder einfach eine Runde ins Dorf, um andere Menschen zu treffen: Die Bürgerbusse in Ronsdorf und Cronenberg ermöglichen Senioren in abgelegenen Wohngebieten ein selbstständiges Leben. „Die meisten sind auf den Bus wirklich angewiesen“, betont Andreas Holstein, Vorsitzender des Dörper Bus-Vereins. 81 Prozent der Cronenberger Fahrgäste haben einen Schwerbehindertenausweis und dürfen damit kostenlos mitfahren. „Wir haben zwei Frauen, die fahren jeden zweiten Tag zum Friedhof, ihren Mann besuchen – die würden da sonst nicht hinkommen“, erzählt Günther Andereya vom Bürgerbus Ronsdorf.
Im Laufe der Zeit entwickelt sich oft ein enges Verhältnis zu den Stammkunden. „Wir könnten Krankenakten unserer Fahrgäste anlegen“, sagt Holstein mit einem Schmunzeln. Etliche suchen sich ihren Fahrtag danach aus, wann ihr Lieblingsfahrer am Steuer sitzt. Und auch für manchen Fahrer ist der Bürgerbus ein wichtiger Lebensinhalt.
Mühsamer Anfang
Gegründet wurde der Bürgerbus Ronsdorf im Oktober 2006. „Wir saßen im Eiscafé und sprachen über den Fahrdienst zur Verbraucherausstellung“, erinnert sich Günther Andereya. Sabine Schnake, Leiterin Produktmanagement der WSW, hatte damals die Idee eines Bürgerbusses. In Neviges lief so ein Bus bereits gut. Die Werbegemeinschaft W.I.R. in Ronsdorf fungierte zu Beginn als Träger und vermarktet bis heute die Werbeflächen auf den Bussen.
Der Anfang war etwas mühsam: Statt der erforderlichen 850 Fahrgäste im Monat stiegen nur 600 ein. Doch bald sprach sich das Angebot herum. Heute läuft der Betrieb auch finanziell rund. 2009 starteten dann die Cronenberger nach dem Ronsdorfer Vorbild mit dem Dörper Bus. Beide Vereine tauschen sich regelmäßig aus und helfen sich bei Bedarf.
Die WSW sind für den ordnungsgemäßen Betrieb der Busse verantwortlich und stehen den ehrenamtlichen Bürgerbus-Organisatoren bei allen Fragen zur Seite. „Wir haben ein wirklich freundschaftliches Verhältnis“, loben Holstein und Andereya. Der WSW-Betriebsleiter nimmt die Fahrzeuge ab, sie bekommen bei den WSW ihren TÜV und dessen Qualitätsmanager gibt den Fahrern Tipps für das Beherrschen der großen Fahrzeuge. Der WSW-Arzt kontrolliert regelmäßig, ob die Fahrer noch gut sehen und reagieren.
Unterstützer gesucht
Das Land NRW unterstützt die Bürgerbus-Vereine mit 6.000 Euro jährlich für Büro, Homepage und Treffen der Fahrer. Alle sechs bis sieben Jahre wird ein neuer Kleinbus mit 35.000 Euro bezuschusst. Da dieser jedoch mit kompletter Ausstattung rund 80.000 Euro kostet und immer wieder Reparaturen erledigt werden müssen, sind viele Sponsoren nötig. Außerdem will das Land zukünftig nur noch Niederflurbusse fördern. „Aber das klappt im bergigen Cronenberg gar nicht – da setzen Niederflurbusse auf“, ärgert sich Holstein, die alle Büroangelegenheiten von zu Hause aus erledigt.
Die Ronsdorfer Busse stehen neuerdings in einer Doppelhalle samt Büro im Industriegebiet Otto-Hahn-Straße. Anfang Juli wird das neue Domizil offiziell eingeweiht. Auch die Cronenberger haben Grund zur Freude: Sie bekommen im Sommer einen neuen Bus.
Sowohl die Fahrer als auch die Organisatoren arbeiten alle ehrenamtlich – etliche Stunden pro Woche. In Cronenberg bedienen 18 Fahrer in zwölf Schichten die beiden Strecken. Hier werden dringend weitere Fahrer gesucht. Voraussetzungen sind nur der normale Führerschein und das Bestehen der Gesundheitsprüfung. In Ronsdorf wechseln sich 31 Fahrer in elf Schichten auf zwei Strecken ab. 8 000 Fahrgäste werden jährlich in Cronenberg transportiert, 14-15 000 in Ronsdorf. „Wir sind eine richtige Bürgerbusfamilie“, sagt Andreas Holstein. Einmal jährlich organisiert WSW-Ansprechpartner Thomas Wolf einen gemeinsamen Ausflug für alle Fahrer.
Regelmäßige AnpassungenDie Fahrtstrecke der Busse wird – immer in Absprache mit den WSW und dem Land – an die Bedürfnisse der Einwohner angepasst. Wo vor 45 Jahren junge Familien hinzogen, wohnen heute die Hochbetagten. Ein paar Jahre später hat sich das oft schon wieder gewandelt. Da nur acht Fahrgäste in den Bus passen, entscheiden oft einzelne Stammgäste darüber, ob sich eine Linie lohnt oder nicht. Halten dürfen die Busfahrer nur an den Haltestellen. „Das verstehen viele nicht – aber wenn jemand beim Aussteigen abseits einer Haltestelle stürzt, haftet der Fahrer persönlich“, erklärt Holstein. Manchmal füllen auch Kinder und Jugendliche den Bus: So nutzen dienstag- und donnerstagnachmittags die Ronsdorfer Fußballer das Angebot, um zum Sportplatz Linde zu gelangen. Oder Kinder besuchen mit dem Bürgerbus einen Freund. Die engagierten Fahrer und Organisatoren sorgen für sie alle mit ihrem Angebot für ein wichtiges Stück Lebensqualität.